Wie Sie Bereitstellungszinsen berechnen und vermeiden

Wie Sie Bereitstellungszinsen berechnen und vermeiden

© Drazen Zigic / iStock

Immer dann, wenn ein bewilligtes Darlehen verspätetet abgerufen wird, drohen Bereitstellungszinsen. Vor allem Bauherren müssen mit diesen Zusatzkosten rechnen, wenn es zu Verzögerungen auf der Baustelle kommt. Lesen Sie hier, wie Sie Bereitstellungszinsen berechnen, möglichst gering halten und am besten ganz vermeiden.

  • Wenn Sie einen Kredit zur Immobilienfinanzierung aufnehmen und diesen nicht wie geplant abrufen, entstehen Bereitstellungszinsen.
  • Banken gleichen mit dieser „Parkgebühr“ den Verlust aus, der sich aus den fehlenden Zinsen für das bereitgestellte Geld ergibt. Bereitstellungsgebühren werden daher auch Nichtabnahmeentschädigung genannt.
  • Die Höhe der Bereitstellungszinsen liegt mit in der Regel bei 0,25 Prozent pro Monat (3 Prozent im Jahr) deutlich höher als die regulären Bauzinsen.
  • Bereitstellungszinsen entstehen vor allem bei der Baufinanzierung, da hier Banken das Darlehen in Teilbeträgen auszahlen, die sich nach dem Baufortschritt richten.
  • Als Bauherr sollten Sie auf eine möglichst lange bereitstellungsfreie Zeit achten und das Bauvorhaben clever planen.

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Mit Abschluss des Kreditvertrages fängt die Uhr an zu ticken. Die meisten Banken gewähren eine bereitstellungszinsfreie Zeit, in der noch keine Zusatzgebühr verlangt wird. Sie liegt meist zwischen drei Monaten und einem Jahr, manchmal sogar länger. Anschließend wird auf die noch nicht abgerufenen Kreditmittel ein Bereitstellungszins erhoben. Der Zinssatz beträgt meist 0,25 Prozent pro Monat und fällt so lange an, bis der Kreditnehmer das Darlehen vollständig abgerufen hat.

 

Rechenbeispiel

Nehmen wir an, eine Familie nimmt ein Baudarlehen in Höhe von 300.000 Euro auf. Die erste Rechnung trudelt im April ein. Die Familie ging davon aus, dass bis September alle Arbeiten abgeschlossen sind. Tatsächlich gibt es beim Innenausbau eine Verzögerung, sodass der letzte Teilbetrag erst im November ausbezahlt werden kann.

 

Basis sind folgende Eckdaten:

Darlehensbetrag: 300.000 Euro

Bereitstellungsfreie Zeit: 3 Monate

Darlehenszins: 1,5 Prozent pro Jahr

Bereitstellungszins: 0,25 Prozent pro Monat

Monat

April

Ausbezahlter
Betrag

20.000 €

Bereitgestellter Betrag

280.000 €

Darlehenszinsen

25,00 €

Bereitstellungszinsen

0 €

Gesamte Zinsen

25€

Monat

Mai

Ausbezahlter
Betrag

50.000 €

Bereitgestellter Betrag

250.000 €

Darlehenszinsen

62,50 €

Bereitstellungszinsen

0 €

Gesamte Zinsen

62,50 €

Monat

Juni

Ausbezahlter
Betrag

100.000 €

Bereitgestellter Betrag

200.000 €

Darlehenszinsen

125,00 €

Bereitstellungszinsen

0 €

Gesamte Zinsen

125 €

Monat

Juli

Ausbezahlter
Betrag

125.000 €

Bereitgestellter Betrag

125.000 €

Darlehenszinsen

156,25 €

Bereitstellungszinsen

312,50 €

Gesamte Zinsen

468,75 €

Monat

August

Ausbezahlter
Betrag

200.000 €

Bereitgestellter Betrag

100.000 €

Darlehenszinsen

250,00 €

Bereitstellungszinsen

250,00 €

Gesamte Zinsen

500 €

Monat

September

Ausbezahlter
Betrag

200.000 €

Bereitgestellter Betrag

100.000 €

Darlehenszinsen

250,00 €

Bereitstellungszinsen

250,00 €

Gesamte Zinsen

500 €

Monat

Oktober

Ausbezahlter
Betrag

200.000 €

Bereitgestellter Betrag

100.000 €

Darlehenszinsen

250,00 €

Bereitstellungszinsen

250,00 €

Gesamte Zinsen

500 €

Monat

November

Ausbezahlter
Betrag

300.000 €

Bereitgestellter Betrag

0 €

Darlehenszinsen

375,00 €

Bereitstellungszinsen

0 €

Gesamte Zinsen

375 €

Bis zur vollständigen Auszahlung der Darlehenssumme zahlt die Familie sowohl die regulären Darlehenszinsen (auf das bereits ausbezahlte Darlehen) als auch Bereitstellungszinsen (auf den jeweils noch nicht abgerufenen Betrag). In der Tabelle sehen Sie, wie letztere die Zinsen insgesamt in die Höhe treiben – insbesondere im Zeitraum der Bauverzögerung von August bis Oktober. Insgesamt zahlt die Familie 1.012,50 Euro Bereitstellungszinsen.

Hätten sich die Kreditnehmer für einen Anbieter mit sechs Monaten bereitstellungszinsfreier Zeit entschieden, hätten sie nur 250 Euro bezahlt. Wäre beim Hausbau alles nach Plan verlaufen, wären gar keine Bereitstellungszinsen angefallen.

Beachten Sie: Wir haben die Bauzeit in unserem Rechenbeispiel aus Gründen der Übersichtlichkeit sehr kurz gewählt. Durchschnittlich dauert ein Hausbau circa neun Monate. In der Regel werden bis zu sieben Teilzahlungen vereinbart.

Warum kann der Baukredit nicht gleich vollständig abgerufen werden?

Ein Baukredit ist zweckgebunden, also ausschließlich für den Hausbau bestimmt, und kann daher nicht in voller Höhe als Einmalzahlung abgerufen werden. Kreditinstitute zahlen meist nur gegen Vorlage entsprechender Rechnungen und diese gehen beim Hausbau nach und nach ein. Würden die Kreditnehmer die gesamte Summe gleich zu Beginn abrufen, hätte die Bank keine Kontrolle darüber, was mit dem Geld passiert.  

Ein Hausbau ist teuer genug, da müssen nicht noch hohe Bereitstellungszinsen hinzukommen. Mit folgenden Tipps können Sie die Zusatzgebühren minimieren oder bestenfalls ganz umgehen.

Tipp 1:
Wählen Sie eine möglichst lange bereitstellungsfreie Zeit

Achten Sie beim Anbieter-Vergleich auf eine möglichst lange bereitstellungszinsfreie Zeit. Bei einer Baufinanzierung sollten mindestens vier Monate keine Bereitstellungszinsen anfallen. Besser sind sechs bis zwölf Monate. Aber Achtung: Viele Banken lassen sich die lange Bereitstellung etwas kosten und erhöhen den Darlehenszins, der Kreditnehmer über die gesamte Sollzinsbindung (meist 10 bis 15 Jahre) begleitet. Ein Zinsaufschlag übersteigt so schnell die Ersparnis beim Bereitstellungszins. 

Tipp: Nutzen Sie unseren Baufinanzierungsrechner, um ein Gefühl für die realistischen Konditionen Ihres Baukredits zu bekommen und im nächsten Schritt unverbindliche Angebote zu erhalten.

Verhandeln erlaubt

Beim Thema Bereitstellungszinsen gibt es oft Spielraum für Verhandlungen. Vor allem Hausbanken unterbreiten ihren Kunden manchmal nicht gleich zu Beginn das attraktivste Angebot, bessern aber nach, wenn Konkurrenzangebote vorliegen.

Tipp 2:
Wählen Sie Ihre Baupartner mit Bedacht

Wie und mit wem Sie Ihr Haus bauen, beeinflusst ebenfalls die Gefahr für Bauverzögerungen und somit hohe Bereitstellungszinsen. Am unvorhersehbarsten ist es, das Vorhaben auf eigene Faust zu planen und die einzelnen Gewerke selbst bzw. nur mit Hilfe eines Architekten zu engagieren und zu koordinieren. Wenn auch nur eine Firma oder ein Handwerker ausfällt bzw. schlechte Arbeit leistet, kann das ganze Projekt ins Stocken geraten und so schnell den bereitstellungsfreien Zeitraum überschreiten.

Mit Generalunternehmen oder Hausbauern, die alles aus einer Hand bieten, ist die Gefahr geringer. Diese Baupartner arbeiten in der Regel mit festen und eingespielten Partnern zusammen, sodass die Gewerke reibungslos ineinandergreifen.

Wenn Unternehmen eine Verzögerung selbst verschulden, haben Sie Anspruch auf Schadensersatz und können die Bereitstellungszinsen zurückfordern. Das gilt im Normalfall auch für Bauträger, die Immobilien fertig geplant samt Grundstück anbieten und auch die Realisierung übernehmen.

Lesen Sie hierzu auch unsere 5 Tipps für die Wahl des richtigen Baupartners und wie Sie sich vor einer Insolvenz des Bauträgers absichern.

Ist ein Fertighaus schneller gebaut?

Massivhäuser und Fertighäuser unterscheiden sich oft nur gering in ihrer Bauzeit. Bei Fertighäusern steht zwar der Rohbau in wenigen Tagen, die Vorarbeiten für Keller oder Bodenplatte sowie der Innenausbau dauern aber genauso lange wie beim Massivhaus.

Bei beiden Bauweisen kann es zu unvorhergesehen Verzögerungen kommen. Einige Anbieter werben mit einer Bauzeit von weit unter sechs Monaten. Achten Sie darauf, dass die Dauer bis zur Fertigstellung bzw. ein konkreter Fertigstellungstermin im Bauvertrag festgeschrieben ist.

Tipp 3:
Setzen Sie Eigenkapital clever ein

Die meisten Bauherren bringen genügend Eigenkapital ein, um nicht nur die Baunebenkosten, sondern auch einen Teil der Baukosten selbst zu finanzieren. Das Problem: Viele Kreditgeber fordern, dass zuerst das Eigenkapital aufgebraucht werden muss, ehe Fremdkapital abgerufen werden kann. Auch hier können Sie unter Umständen verhandeln. Denn wenn Sie zuerst Fremdkapital einsetzen, muss dieses weniger lange bereitgestellt werden.

Tipp 4:
Kombinieren Sie mehrere Kredite und nutzen Sie Förderungen

Mit einem detaillierten Zahlungsplan in der Tasche können Sie mit Ihrer Bank unter Umständen auch mehrere Darlehensverträge schließen – immer dann, wenn Sie in eine neue Bauphase starten. Dies ist allerdings mit viel Zeit und Bürokratieaufwand verbunden.

Nutzen Sie auf jeden Fall zinsgünstige Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die KfW räumt eine bereitstellungszinsfreie Zeit von 12 Monaten ein, die unter Umständen bis auf 36 Monate verlängert werden kann. So können Sie zuerst das Baudarlehen Ihrer Bank und anschließend den staatlich geförderten Kredit abrufen. Vor allem zwei Programme sind für Bauherren interessant:

  • KfW-Wohneigentumsprogramm (Nr. 124): Wenn Sie ein Eigenheim bauen, in das Sie selbst einziehen, können Sie einen Kredit von bis zu 100.000 Euro mit einem Sollzins von rund 1,9 Prozent (Stand März 2022) aufnehmen. Ab dem 13. Monat nach Kreditzusage erhebt die KfW eine Bereitstellungsprovision von 0,15 Prozent pro Monat.
  • KfW-Programm Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG, Nr. 261/262 und 461): Für energiesparende Effizienzhäuser gibt es bis zu 150.000 Euro sowie einen Tilgungszuschuss von maximal 75.000 Euro. Oder, falls Sie keinen weiteren Kredit benötigen, einen einmaligen Investitionszuschuss von bis zu 37.500 Euro pro Wohneinheit.

Sprechen Sie Ihre Bank aktiv auf diese Kombinationsmöglichkeit an.

Tipp 5:
Das können Sie selbst tun, um Verzögerungen zu verhindern

Vieles liegt in der Hand der Profis, aber auch Sie selbst können dazu beitragen, dass es nach Zusage des Kredits bzw. Abschluss des Kreditvertrags zu keinen Verzögerungen kommt:

  • Lassen Sie beim Grundstückskauf den Baugrund prüfen. So stellen Sie sicher, dass es bei Baubeginn nicht zu bösen Überraschungen kommt.
  • Klären Sie früh genug, ob und zu welchen Konditionen eine Baufinanzierung möglich ist. Machen Sie aber erst Nägel mit Köpfen, wenn die Planungen abgeschlossen sind, die Baugenehmigung vorliegt und der Baubeginn feststeht.
  • Vermeiden Sie nachträgliche Sonderwünsche, die den Hausbau in die Länge ziehen.
  • Halten Sie vor allem beim Bauantrag alle Fristen und Formalitäten ein, sodass keine Verzögerungen entstehen.
  • Seien Sie vorsichtig mit Eigenleistungen: Viele Hobby-Heimwerker überschätzen ihre handwerklichen Fähigkeiten, wollen selbst mit anpacken, brauchen aber länger als gedacht und begehen mitunter Fehler, die den Zeitplan durcheinander bringen.

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Banken wirtschaften mit Geld. Bereits zugesagte Kreditbeträge können sie nicht anderweitig investieren, erhalten vor der Auszahlung aber auch keine Zinsen dafür. Um mit dem „geparkten“ Geld dennoch Gewinn zu machen, erheben die Kreditinstitute Bereitstellungszinsen.

Bereitstellungszinsen zahlen Sie nach Ende der beitragszinsfreien Zeit, die sich je nach Anbieter unterscheidet. Die Frist beginnt in der Regel mit der Kreditzusage. Bereitstellungszinsen sind so lange fällig, bis die Kreditsumme vollständig abgerufen wurde.

Der Bereitstellungszins liegt in der Regel bei 0,25 Prozent im Monat, was 3 Prozent pro Jahr entspricht. Der Zinssatz ist somit deutlich höher als die gängigen Sollzinsen, die bei der Tilgung des Darlehens anfallen.

Bei Baudarlehen zahlen Banken den Kreditbetrag nicht gleich in voller Höhe aus, sondern in Teilbeträgen, die sich nach dem Baufortschritt richten. Da ein Hausbau durchschnittlich rund neun Monate dauert und es leicht zu Verzögerungen kommen kann, fallen öfter als zum Beispiel beim Immobilienkauf Bereitstellungszinsen an.

Wenn Sie die Immobilie gewerblich nutzen bzw. vermieten, können Sie Bereitstellungszinsen von der Steuer absetzen. Sie sind Teil der Finanzierungskosten. Wer selbst in die Immobilie zieht, kann die Kosten für die Bereitstellung nicht steuerlich geltend machen.

Bauunternehmen müssen die Bereitstellungszinsen dann übernehmen, wenn sie auf Bauverzögerungen zurückzuführen sind, die das Unternehmen selbst verschuldet hat. Wann dies der Fall ist, ist etwas kniffelig. Ein witterungsbedingter Baustopp zum Beispiel kann dem Unternehmen in der Regel nicht angelastet werden.

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